12.05.2023

„Bad Nauheimer Erklärung“ verabschiedet

v.l.n.r.: Helga Seel, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Rika Esser, Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen und Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung
© Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen

Beauftragte von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. fordern mehr Inklusion im Gesundheits- und Pflegesystem

Behinderungen sind statistisch gesehen ein Phänomen des höheren Lebensalters. In einer älterwerdenden Gesellschaft steigt die Wahrscheinlichkeit, im Lauf des Lebens eine Behinderung zu erwerben. Die Beauftragten von Bund und Ländern halten daher ein grundlegendes Umdenken im Gesundheits- und Pflegebereich für dringend notwendig. Damit Menschen mit Behinderungen jeden Alters den gleichen Zugang zur Gesundheits- und Pflegeversorgung erhalten wie Menschen ohne Behinderungen, sollte das gesamte Gesundheitssystem barrierefrei ausgestaltet werden. Darüber hinaus sind spezifische Angebote für die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen vorzuhalten.

Michael Welsch, Landesbeauftragter für Inklusion der Menschen im Behinderungen im Freistaat Sachsen: „Gerade auch wegen der steigenden Zahl älterer Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen ist der Ausbau einer barrierefreien medizinischen Versorgung das Gebot der Stunde. Beispielsweise unterstützt der Freistaat Sachsen mit dem Förderprogramm „Lieblingsplätze für alle“ u.a. Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit in Arzt- und Zahnarztpraxen.“ Hier wünscht sich der Beauftragte eine größere Aufgeschlossenheit der Praxisbetreiber. Letztlich gehöre aber auch die Erreichbarkeit von Arztpraxen mit dem ÖPNV in zumutbarer Zeit zu einem barrierefreien Gesundheitssystem, so Welsch weiter.

Rika Esser, die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen und Gastgeberin der Konferenz, misst der zuverlässigen Gewährleistung von häuslicher Intensivpflege eine besondere Bedeutung zu: „Es bestehen trotz der Nachbesserung der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) große Bedenken, dass durch die enormen Anforderungen an die Verordnung und Genehmigung so hohe Hürden geschaffen werden, dass die betroffenen Menschen die benötigte Pflege zu Hause nicht mehr beantragen können.“ Daher fordern die Beauftragten u.a., so Rika Esser weiter, eine ausreichende Zahl qualifizierter Medizinerinnen und Mediziner sicherzustellen sowie unnötige Mehrfachbegutachtungen zu vermeiden, bspw. bei Menschen mit progressiven Erkrankungen.

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sieht großen Handlungsbedarf bei der Hilfsmittelversorgung insbesondere von Kindern und Jugendlichen: „Wenn Kinder ihre Hilfsmittel nicht zeitnah bekommen, schließen sich Zeitfenster, in denen Fähigkeiten aufgebaut bzw. deren Verlust verhindert werden kann. Es ist inakzeptabel, dass Krankenkassen Anträge, die von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten als dringend notwendig eingestuft werden, nach Aktenlage ablehnen.“

Prof. Dr. Helga Seel, die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR), mahnt eine Verbesserung der Rehabilitation von Menschen mit Schwerstverletzungen an. Sie erläutert dazu, dass viele Patientinnen und Patienten nach einer erfolgreichen Akutbehandlung im Krankenhaus immer noch einen hohen Unterstützungsbedarf haben, weil sie bspw. noch nicht wieder selbstständig essen können. Nach aktueller Definition gelten sie als „noch nicht reha-fähig“. Viele werden deshalb nach Hause oder in eine Pflegeeinrichtung entlassen, anstatt in eine Reha-Einrichtung. Daher fordert Prof. Dr. Seel: „Hochleistungsmedizin braucht Hochleistungsrehabilitation.“

Die komplette Erklärung finden Sie unter nachfolgendem Link.

Gruppenbild der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern bei Ihrem Treffen in Bad Nauheim im Mai 2023 © Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen
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